Dies ist die Fortsetzung von diesem post.
Nach den Trostplaetzchen ging es dann auch weiter und die Muehe hatte sich gelohnt. Wir waren auf einem Plateau mit dem Namen Gerais de Vieira angekommen und im Sonnenschein ging es dann ohne auf und ab weiter. Die Landschaft war wie bei Winnetou und Old Shatterhand. Am Ende der grasigen Steppe ragten felsige Berge empor, hinter denen man automatisch Indianer vermutete.Mit der Zeit veraenderte sich die Landschaft ein wenig. Aus der grasigen Ebene kamen felsige Brocken hervor, hinter denen man sich im Falle eines Angriffes haette verstecken koennen.
Die Sonne war herausgekommen und schien uns auf die Koepfe. Daher entschieden wir am fruehen Nachmittag eine Pause einzulegen und gingen in ein kleines Waeldchen, wo es einen Bach mit Wasserfall und eine Schutzhuette gibt (Solche etwas versteckte Huetten findet man ab und an; sie werden von gefuehrten Gruppen gerne mal benutzt.). Dort duschten wir dann erstmal im Wasserfall, vielmehr hatten wir es vor, doch das Wasser war so kalt, dass wir eine Katzenwaesche am Rande dann doch bevorzugten. Unsere Maegen meldeten sich dann auch bald zu Wort und es gab lecker Nudeln mit Tomatensosse – auf Holzfeuer gekocht.
Wieder oben auf der Ebene angekommen, zogen bedrohlich dunkle Wolken auf. So schnell haben wir noch nie Wolken ziehen sehen. Wir schafften es gerade noch rechtzeitig, unsere Rucksaecke regendicht zu machen, als es auch schon aus Eimern goss. Und wir mitten drin, da es, wie das auf so Hochebenen so ueblich ist, nicht viel Unterschlupfmoeglichkeiten zu finden pflegt. Ungefaehr im 30-Grad-Winkel gegen die Wand aus Sturm und Regen gelehnt, kaempften wir uns weiter bis zu einem kleinen, steilen Tal, wo wir uns unter den Baeumchen versteckten. Das Waeldchen schirmte uns netterweise ein Bisschen vom Sturm ab, schuetzte mit seinem kargen Blaetterdach aber kaum vor den dicken Regentropfen. War aber auch egal. Wir waren ohnehin glitschnass bis auf die Unterhosen, von wo aus sich das Wasser einen Weg bis in unsere Schuhe hinab bahnte und sich dort sammelte. Aber auch das war egal, da das Wasser, wie das in kleinen, steilen Taelern so ueblich ist, ohnehin den Hang runter geflossen kam und uns in die Schuhe (wohlgemerkt Wanderstiefel) hineingelaufen ist. Das gute an so viel Regen ist, dass man endlich wieder trinken kann (auf den Gerais gab es naemlich keine Gebirgsbaeche mehr, aus denen wir haetten Wasser schoepfen koennen). Wir stellten einfach unseren Topf raus und kurze Zeit spaeter rinnte schon frisches, klares Regenwasser unsere ausgetrockneten Kehlen (ja, wirklich, auch wenn wir nass wie begossene Pudel waren, unsere Kehlen fuehlten sich noch immer staubig an).
Irgendwann ging die Sonne unter. Naja, es wurde halt dunkel. Die Sonne hatte uns ja eh schon verlassen. Jedenfalls mussten wir noch irgendwas finden, was nicht so steil ist und wo wir auch noch Schutz vor Blitz und Donner finden sollten. Peter stapfte also mal los und erkundete die Gegend – zumindest soviel er davon in dem Wetter sehen konnte.
Von weiten sah man ein anderes Waeldchen, was nicht so steil zu sein schien. Dort stapften wir beiden Oelgoetzen dann hin, kaempften uns durch den Farn, der uns bei weitem ueberragte und fanden eine Stelle, die wir zelttauglich herrichten konnten.
Der naechste Morgen war gepraegt von den Erlebnissen des letzten Abends und komischen Traeumen von Schlangen und anderen Alptraumgestalten der Nacht. Nachdem wir in unsere nassen und jetzt auch kalten Sachen geschluepft waren, stapften wir weiter, d.h. wir schlitterten mehr durch knoecheltiefen Matsch den schmalen „Pfad“ hinunter.
Auf so einem besonders steilen, rutschigen Stueck stolperte Peter mehr oder weniger den Weg entlang und konnte sich gerade noch rechtzeitig auffangen, bevor er auf eine Schlange torkelte. Mitten auf dem Weg sass ein mittelgrosses Exemplar, streckte drohend den Hals in die Hoehe, tat aber sonst gar nichts. Wir wollten nicht ohne Weiteres an ihr vorbeigehen, man weiss ja nie und nach dem Schlangenalptraum… so versuchte Peter sie aus der Ferne zu verscheuchen, in dem er Steine und Stoeckchen direkt neben ihren Koerper warf. Doch die Schlange hatte sich bis dahin keinen Millimeter von der Stelle bewegt. Irgendwann landete dann mal ein Stock auf ihrem Schwanz, der auch gleich abknickte. Dann ueberlegte sich das Viech anscheinend doch, sich mal zu trollen und verzog sich – immer noch nicht besonders schnell ins Gebuesch. (Daher wohl der Ausdruck, „sich geknickt hinfort schleichen“.) Wir warteten noch ein Weilchen, ehe wir uns wieder auf den Weg machten.
Am fruehen Abend waren wir dann endlich im Tal von Patí angekommen. Das erste, was wir dort sahen, war ein kleiner Hof, und wir wollten mal sehen, wer da so wohnt, und was diese Menschen fuer Infos ueber den weiteren Verlauf des Weges geben konnten. Der einzige Mann, den wir dort antrafen war sehr wortkarg, aber nicht unbedingt unfreundllich und gab uns Auskunft. Zudem hatte er einen kleinen Laden, indem die Wanderer ihre Vorraete auffuellen koennen. Das taten wir dann auch und kauften nochmals Bananan, Plaetzchen, Nudeln und Tomatensauce und begaben uns weiter zum naechsten Hof, den wir noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen konnten.
Dort schlugen wir unser Zelt auf und kochten Nudeln mit Tomatensosse in einer kleinen Kochhuette. Die nassen Klamotten befreiten wir aus ihren Tueten und hingen sie unter einem Trockendach auf. Sie wuerden zwar nicht ueber Nacht trocknen, aber so schimmelten sie wenigstens nicht.
Geweckt von einem Hahn machten wir uns am naechsten Morgen frueh auf den Weg. Die Sonne lugte zwischen dem sich im Tal gebildeten Nebel hervor. Es klarte sich schnell auf und wir konnten heute den Weg endlich mal richtig geniessen. Er war nicht mehr so matschig und daher angenehmer zu laufen, zudem war die Sicht fantastisch (leider hatten die Kamera-Batterien durch die Kaelte und Naesse den Geist aufgegeben und wir haben keine Beweisfotos, wie schoen es war).
Der Weg schlaengelte sich am Berg entlang und staendig tat sich hinter einer Kurve oder hinter einer Kuppel eine neue Sicht auf. Das spornte richtig an, denn man war neugierig, was es wohl als naechstes zu sehen gab: ein neuer Berg, eine Schlucht, ein Wasserfall auf der anderen Seite… Und die Talbewohner massen die Zeit zu unserem Zielort Andarai bereits in Stunden, nicht mehr in Tagen. Das trug natuerlich auch dazu bei, dass wir frohen Mutes und guter Dinge waren.
Dummerweise vertroedelten wir den halben nachmittag damit, den richtigen Weg ausfindig zu machen. Es ist in der Chapada nichts ausgeschildert und die bloede Karte aus dem bloeden Reisefuehrer war super ungenau und zeigte nur ein paar der Wege und nur ein paar der Berge an. Wenn sie wenigstens dann konsequenterweise gar keine Berge angezeigt haette, waere es auch kein Akt gewesen, aber so sah es so aus, als muessten wir durchs Tal und nicht ueber den Berg. Dadurch dass wir erst runter sind, um zu gucken ob da ein Weg ist und dann den ganzen Hang wieder rauf und die restlichen 2 Stunden tageslicht auch noch bergan, hatten wir ganz schoen stramme Oberschenkel, als wir oben ankamen. Das allabendliche Ritual aus Zeltaufschlagen und Nudeln mit Tomatensosse beendete auch diesen Tag.
Der naechste begann bereits bei Sonnenaufgang, sprich um halb fuenf. Heute wollten wir unbedingt in Andarai ankommen, was auch geschah. Kurz vor Mittag erreichten wir dieses super suesse kleine Staedtchen. Der Bus zurueck in die grosse, abstossende Stadt Salvador (nach 6 Tagen Natur pur fuehlt sich so ne Rueckreise zu ungeliebten Orten noch mal anders an) ging erst am Nachmittag, so dass wir noch Zeit hatten uns in einem netten Restaurant von dem Nudel-mit-Tomatensosse-Fluch zu befreien.
Uebergluecklich, den Trip gut ueberstanden zu haben und mit dem sicheren Gefuehl, dass wir beide unheimlich daran gewachsen sind, goennten wir uns auf der Plaza noch einen Guarana (das nationale Erfrischungsgetraenk) und liessen alles noch mal ein Bisschen Revue passieren.